Das Sony Xperia XZ3 im Test
Das Sony Xperia XZ3 im Test - und täglich grüßt das Murmeltier
Nicht lange ist es her, da habe ich meinen Testbericht über das Xperia XZ2 abgeschlossen. Schon erhalte ich das XZ3. Lediglich sechs Monate liegen zwischen den Telefonen – gerade mal genug Zeit, um einen Appenzeller reifen zu lassen.
Nun, das XZ2 ist kein schlechtes Telefon. Mir hat die fantastische Ergonomie und die Top-Performance sehr gefallen, auch wenn es auf dem Papier nicht aus der Masse der Premium-Smartphones heraussticht. Doch die Zeit steht für niemanden still: Ständig kommen noch bessere Smartphones auf den Markt. Und während Samsung, LG, HUAWEI und Co. zwei Flaggschifflinien besitzen, die abwechselnd im Halbjahrestakt aktualisiert werden, konzentriert sich Sony auf lediglich eine Reihe, die dafür zweimal jährlich eine Überarbeitung erfährt.
Nachdem Sony mit dem XZ2 den Reset-Button gedrückt hat und vieles neu machte, ist das XZ3 ein kleiner, iterativer Schritt vorwärts. Doch rechtfertigen die Verbesserungen den höheren Preis gegenüber das immer noch gute XZ2? Und wie gut kümmert sich Sony um das Vorgängermodell? Das erfahrt Ihr in diesem Test.
Grundsolides Premium-Smartphone
-
Hervorragendes Display
Selfie-Kamera deutlich besser als beim XZ2
Ergonomisches & attraktives Design
Stabile, top-aktuelle Software
Guter, langfristiger Hersteller-Support
Es funktioniert einfach
Flüssig & schnell
Edelles, attraktives Design
-
Das XZ2 liegt besser in der Hand
Teilweise gefällt mir der Vorgänger besser
Ohne Schnellladegerät
Ähnlich wie beim Xperia XZ2 begrüßt mich als Erstes das Smartphone. In Position gehalten wird es von einer Plastikschale. Darunter liegen das obligatorische Ladegerät samt USB-C-Kabel, ein Kopfhörer mit 3,5-Millimeter-Klinkenstecker sowie ein Adapter, damit dieser Kopfhörer überhaupt genutzt werden kann.
Beim Netzteil erstaunt mich Sony noch mehr als bei den letzten Tests: Während das Xperia XZ2 noch mit einem Quick-Charge-kompatiblen Ladegerät ausgeliefert wurde, steckt in dieser Box nun der gleiche, von Archäologen der Erde entrungene Adapter, das auch schon das Xperia XZ2 Compact begleitete. Dieses liefert satte 1,5 Ampere bei fünf Volt. Enttäuschend bei einem Flaggschiff-Smartphone samt entsprechendem Preisschild — selbst bei Xiaomi-Smartphones für 120 Euro ist zumindest ein 2 Ampere-Ladegerät dabei. Kein Wunder, dass die Verpackung keine Schnellladefunktion mehr bewirbt. Immerhin ist das mitgelieferte Modell sehr klein.
Design Das erste Sony-Smartphone mit Notch
Mit dem XZ2 führte Sony seine radikal neue Designsprache namens “Ambient Flow” ein. Dieses Tempo behält Sony nicht bei, denn Änderungen suche ich mit der Lupe. Der größte Unterschied ist auf der Vorderseite zu finden. Während das Xperia XZ2 an den Seiten nur leicht abgerundet ist, verfügt das XZ3 über ein gebogenes Display, ähnlich den letzten Versionen der beliebten Galaxy-S-Serie von Samsung. Gut also, dass Vorder- und Rückseite aus dem weicheren Gorilla Glass 5 sind, welches Stürze besser übersteht, allerdings auch leichter zerkratzt. Beim XZ2 habe ich trotz vorsichtiger Behandlung so viele Kratzer auf der Rückseite gesammelt, dass ich für mein Test-XZ3 eine Hülle bestellt habe — schließlich werdet Ihr es als B-Ware erwerben können und soll dann noch bestens erhalten sein. Apropos Schutz: Das XZ3 ist gemäß den Schutzklassen IP65 und IP68 wasser- und staubgeschützt.
Das Display reicht nun ein paar Millimeter näher an die untere Kante, während sich an der Oberseite nichts getan hat. Damit ist es nach wie vor das Spitzenmodell mit dem vermutlich dicksten Rand, der Unterschied ist aber nicht mehr so groß wie bei älteren Sony-Modellen. Und eine störende Display-Notch werdet Ihr ebenfalls nicht finden. Die Ecken des Displays sind abgerundet, was dem Ganzen einen modernen, eleganten Look gibt.
Bei den Dimensionen hat sich wenig geändert: Mit 158 mal 73 Millimetern ist das Telefon einen Millimeter breiter und fünf Millimeter höher als das XZ2. Das reicht, um den Bildschirm auf 15,2 Zentimeter (sechs Zoll) anwachsen zu lassen. Signifikanter fällt die Diät aus — so ist das Telefon mit 9,9 Millimetern ganze 1,2 Millimeter schlanker geworden. Bemerkenswerterweise konnte Sony das ohne kleineres Kameramodul oder eine abstehende Kamera erreichen — sicherlich ein Verdienst des deutlich dünneren OLED-Displays, das keine Hintergrundbeleuchtung benötigt.
Leider liegt das Telefon durch die flachere Rückseite nicht mehr so gut in der Hand. Hinzu kommt der Aufgrund des gebogenen Displays deutlich schlankere Rahmen, der sich ein wenig in die Hand schneidet. Hier gewinnen Optik und Marketing über Komfort. Schade. Und auch als Fidget-Spinner oder Kreisel lässt sich die neuste Version nicht mehr einsetzen, denn sie rutscht nicht so leicht über Tische wie das XZ2.
Solltet ihr euch fragen, wo die eingangs erwähnte Notchnun steckt: Sie ist auf der Rückseite in Höhe des USB-C-Ports. Einerseits sieht das schick aus, andererseits bricht es mit der schlichten, coolen Optik. Böse Zungen könnten behaupten, diese Notch sei nötig, um zu erkennen, dass es sich um ein neues Modell handelt. Ich glaube hingegen, dass sie dem Telefon Stabilität gibt. Ebenfalls auf der Rückseite ist das kleine NFC-Logo, sodass ich mit dem XZ3 Google Pay nutzen kann.
Interessant ist auch, dass Sony trotz aller Kritik die Lage des Fingerprint-Sensors nicht verändert hat. Nach wie vor erfordert die Entsperrung leichte Verrenkungen. Vom oberen Rand wurde die Kamera sogar einen Hauch nach unten geschoben. Die nun notwendigerweise schärferen Tasten sind wie bislang auf der rechten Seite, während die Oberseite von Mikrofon, SIM- und Speicherkarten-Slot sowie die Unterseite von Mikrofon und USB-C-Port geziert wird.
Wie bislang wählt ihr zwischen Schwarz und Silber. Die grüne Variante ist nun intensiver, neu ist Bordeauxrot. Ich entscheide mich für letzteres und bin begeistert. Richtig edel sieht es aus, mit einem Metallic-Effekt und einer gewissen Tiefe — an den Rändern geht die Farbe gegen schwarz. Der Aluminiumrahmen passt farblich dazu, während die Vorderseite, anders als noch beim XZ2, schwarz ist.
Hardware & Performance Ein echter Bullet-Train: Schneller geht es nicht
In Sachen Leistung hat sich beim XZ3 fast nichts geändert. Nach wie vor setzt Sonys Flaggschiff auf einen Qualcomm Snapdragon 845 mit vier Gigabyte Arbeitsspeicher. Für ausdauernden Betrieb sorgt der um 150 auf 3.330 Milliamperestunden gewachsene Akku.
In AnTuTu erreiche ich 290.502 Punkte — ein Wert, dass das auf Android 9.0 aufgerüstete XZ2 ebenfalls erreicht. Natürlich erreicht das Telefon auch in anderen Benchmarks Spitzenwerte.
Für Betriebssystem und Programme stehen 64 Gigabyte Speicher zur Verfügung, von denen 48 nutzbar sind. Andere Größen bietet Sony nicht an, sondern verweist auf den microSD-Kartenslot. Der interne Speicher ist laut AndroBench mit 700 Megabyte pro Sekunde Lese- und 190 Megabyte pro Sekunde Schreibgeschwindigkeit etwas schneller als der des XZ2. Apps starten so in Windeseile. Problematisch war beim XZ2 die Performance des Speicherkartenlesers: Ganz gleich, welche Karte ich nutzte, maximal 15 Megabyte pro Sekunde waren drin. Android 9.0 hat die Geschwindigkeit etwas angehoben. Und das XZ3 ist mit 32 Megabyte pro Sekunde Lese- sowie 30 Megabyte pro Sekunde Schreibgeschwindigkeit sogar doppelt so schnell. Dumm nur, dass diese Speicherkarte in meinem alten LG V20 auf 79 beziehungsweise 58 Megabyte pro Sekunde kommt. Außerdem müsst ihr zur Speichererweiterung einen SIM-Kartenslot aufgeben.
Besonders für Gamer ist interessant, wie sich das Smartphone bei Dauerlast verhält. Manche Modelle setzen darum auf ausgeklügelte Kühlsysteme, um die Abwärme abzuführen. Da sich die Bedingungen seit dem XZ2-Test verändert haben — es ist schließlich Winter —, lege ich das XZ2 und XZ3 nebeneinander und schaue, wie sich beide beim „CPU Stress Test„ verhalten. Dabei fällt auf, dass das XZ3 eher anfängt zu drosseln, und dann stärker einknickt. Außer für Hardcore-Gamer ist das hier aber eher akademischer Natur, im Alltag habe ich nie eine Verlangsamung gespürt. Mit angenehmen 42 Grad Celsius liegt das XZ3 an keinem Punkt unangenehm in der Hand.
Schnell, top-aktuell & nah an Stock-Android
Das Sony Xperia XZ3 wird mit Android 9.0 Pie ausgeliefert. Und auch das Xperia XZ2, XZ1 und XZ Premium wurden, früher als erwartet, auf 9.0 aktualisiert. Das verspricht langfristigen Support. Im Monatstakt kommt ein Softwareupdate, um Sicherheitslücken zu stopfen. Auch Bugs werden hierbei gefixt, wobei das XZ3 einen sehr guten Eindruck hinterlässt. Abgestürzt ist es nur sehr selten. Hinzu kommt, dass Sonys Skin nicht besonders in die Tiefe greift. Das sorgt für gute Performance.
Unterschiede zwischen dem XZ2 mit Pie und dem XZ3 muss ich mit der Lupe suchen. Eine gute Nachricht, denn anscheinend werden ältere Telefone von Sony nicht künstlich limitiert. Eine exklusive Neuheit gibt es allerdings: „Side Sense“, der Seitensensor, welcher nach doppeltem Tippen auf den Displayrand eine Art Schnellstartmenü mit häufig genutzten Programmen und Einstellungen öffnet. Klar, ohne gebogenen Bildschirm geht das einfach nicht. Leider schaffe ich es mit meiner günstigen TPU-Hülle aber nicht, die Funktion auszulösen, wenn ich es will. Und auch ohne Hülle muss ich ganz genau zielen und benötige mehrere Anläufe. Gut hingegen klappt es, die Funktion ungewollt auszulösen. Es fällt mir schwer, das Telefon festzuhalten, ohne dass das Menü erscheint. Ganz gleich, ob mit oder ohne Hülle. Entnervt habe ich es deaktiviert und genieße einen niedrigeren Blutdruck. Schade, denn an sich ist die Idee gut, doch wäre hier ein druckempfindlicher Sensor hilfreich. Sinnvoller hätte ich auch die Gestensteuerung von Android 9.0 empfunden, doch die lässt Sony weg.
Neue App & bessere Selfie-Kamera
Was für eine Überraschung: Auch das Kameramodul des Xperia XZ3 ist identisch zum XZ2. Das bedeutet ein vergleichsweise großer 1/2.3-Zoll-Sensor mit 21 Megapixeln, wovon im 16:9-Format 17 Megapixel und im 4:3-Format 19 Megapixel genutzt werden. Ist mir das Motiv etwas zu breit für ein 4:3-Foto, wechsel ich also einfach auf 16:9 und bekomme das Motiv vollständig drauf. Wie zuvor verbaut Sony ein erstklassiges Objektiv, das mit hoher Auflösung und wenig Lensflare begeistert, allerdings nicht so lichtstark wie manch Oberklasse-Konkurrent ist. Und wie zuvor wird die Kamera weder von einem optischen Bildstabilisator noch von einer zweiten Kamera unterstützt.
Eine Besonderheit beim XZ3 sind die Aufzeichnung von 4K-HDR-Videos sowie Zeitlupen mit 960 Bildern pro Sekunde — und das bei Full-HD-Auflösung. Letzteres gibt es sonst maximal bei 720p. Das Ergebnis sieht gerade bei 1080p hervorragend aus, allerdings werden nur 0,1 Sekunden festgehalten. Wählt man 720p, verdoppelt sich die Aufnahmedauer. Erfreulicherweise erhielten mit dem Android-9.0-Update auch ältere Modelle, wie das XZ1 und XZ Premium, dieses Feature.
Und auch die neue, stark modifizierte Kamera-App steht den älteren Modellen zur Verfügung. Sony hat hier ordentlich aufgeräumt und umstrukturiert. Entgegen aktueller Trends swipe ich nur noch zwischen Foto- und Videomodus. Um auf manuelle Einstellungsmöglichkeiten oder Foto- und Videoeffekte zuzugreifen, drücke ich auf Modus — für die meisten Modi muss das Telefon allerdings entsperrt sein. Je nachdem, wie ich die Kamera also gestartet habe, muss ich dann auf „Entsperren“ tippen, warten, bis der Lockscreen geladen wurde und dann meine PIN-Nummer eingeben oder den Zeigefinger auflegen. Neben Modus befindet sich eine Taste, die mir den Schnellzugriff auf den zuletzt verwendeten erlaubt. Auf der linken Seite findet sich eine Reihe kleiner Icons, mit der ich zum Beispiel den Blitz aktiviere, zur Front-Kamera wechsle oder das Bildformat ändere. Alles erreiche ich leicht mit dem linken oder rechten Daumen. Prima. Nicht so gut: Die Portrait-Funktion, die am besten einfach ignoriert wird.
Wie schon das XZ2 setzt das XZ3 weiterhin den Zähler auf null, wenn ich die Bilder vom Telefon nehme. Außerdem benennt es die Dateien komplett unterschiedlich, je nachdem, welchen Modus ich verwende. Kleinigkeiten, die mich in den Wahnsinn treiben wollen, denn auf der Festplatte sorgt es für Chaos.
Neu und exklusiv auf dem Xperia XZ3 nutzbar ist die Smart-Start-Funktion. Hierbei muss ich das ausgeschaltete, gesperrte Telefon einfach so anheben, als ob ich ein Foto machen möchte. Schon gibt mir das Telefon die Möglichkeit, die Kamera-App zu starten. Das funktioniert ganz gut, wobei es immer wieder nervige Fehlalarme gibt. Bei anderen Telefonen wäre Smart-Start daher eine nützliche Ergänzung, beim XZ3 ist die Funktion dank des physikalischen Auslösers allerdings überflüssig.
Ebenfalls ausschließlich mit dem XZ3 fotografiere ich per Doppeltipp auf den Bildschirmrand. Die weiter oben erwähnten Schwierigkeiten damit zeigen sich auch in dieser App. Nebenbei verwackel ich dabei die Bilder. Daher springt dann erst mal der Autofokus an. Bis das Foto entstanden ist, vergeht ein kurzer Moment. Wieder frage ich mich, ob die Entwickler wussten, für welches Gerät sie die Software entwickeln. Bei Modellen ohne Auslöser würde ich es verstehen, aber noch wurde er nicht wegrationalisiert. Glücklicherweise, denn nach wie vor ist er mein Lieblingsfeature dieses Telefons. Er funktioniert wie bei einer richtigen Kamera und wurde genauso platziert. Drücke ich ihn halb, fokussiert die Kamera, drücke ich durch macht das XZ3 sofort ein Foto. Und das mit wenig Gefahr zu verwackeln. Zusätzlich starte ich die Kamera einfach, indem ich den Auslöser gedrückt halte.
Ein Softwareupdate, das geholfen hat
Auf den ersten Blick erstellt das XZ3 natürliche, scharfe Fotos mit relativ großem Dynamikumfang. Auch reingezoomt sieht es gut aus. Hier hat Sony viel getan, beim XZ2 wurde selbst bei viel Licht stark entrauscht und nachgeschärft. Eingeschränkt geschieht das zwar immer noch, aber ich muss jetzt deutlich genauer hinsehen. Wie so oft, profitiert auch das XZ2 von diesen Optimierungsmaßnahmen. Das weckt Hoffnungen, dass auch das XZ3 weiterhin mit Verbesserungen versorgt wird.
Im Burst-Modus aufgenommene Fotos gefallen mir noch besser. Hierbei verzichtet das Smartphone auf umfangreiche Bildoptimierung, denn so kann es die Bilderflut verarbeiten. Das Ergebnis sind Aufnahmen, die eher an Raw-Fotos erinnern und bei ausreichend Licht dennoch kaum rauschen. Zwar sind sie erst mal etwas unscharf, aber wenn ich in Lightroom nachschärfe und ein wenig Klarheit hinzufüge, erhalte ich gute Aufnahmen, vollständig ohne Ölgemälde-Effekt und ohne störendes Farbrauschen.
Wird es dunkel, leidet die Bildqualität zunächst kaum. Allerdings bieten andere Premiumgeräte dank Bildstabilisator, lichtstärkerem Objektiv oder auch fortschrittlicherer Software bessere Low-Light-Performance. Auch die Möglichkeit, Raw-Aufnahmen zu speichern und so die noch nicht ganz optimale Bildverarbeitung zu umgehen fehlt dem Telefon.
Scheinbar hat Sony so viel Vertrauen in ihren HDR-Modus, dass allein die Automatik entscheiden darf, ob er genutzt wird. Lediglich im manuellen Modus finde ich einen Schalter. Und tatsächlich, er arbeitet so subtil und zurückhaltend, dass die Fotos einfach wirken, als ob sie von einer größeren Kamera stammen.
Der LED-Blitz ist beim Fotografieren ausreichend hell und sorgt mit seiner warmen Farbe für natürlichere Aufnahmen. Wenn ich allerdings von der Taschenlampenfunktion Gebrauch mache, drosselt das XZ3 die Leuchtkraft auf ein Niveau, bei der kaum noch etwas zu erkennen ist.
Einen großen Sprung nach vorne macht allerdings die Selfie-Kamera. Statt eines winzigen ⅕-Zoll-Sensors mit fünf Megapixeln arbeitet hier nun ein moderner 1/3,06-Zoll-Sensor mit 13 Megapixeln und Autofokus. Ein großer Unterschied, der für deutlich bessere, schärfere Selfies sorgt. Bei gutem Licht fällt es mir schwer, einen Unterschied zwischen der Hauptkamera und der Front-Kamera zu erkennen. Letztere ist etwas weitwinkliger. Lediglich bei aktiviertem HDR fallen deutlich stärkere Halos um kontraststarke Bereiche auf — die Hauptkamera erzeugt hier ein viel natürlicheres Bild, das sich kaum von der Version ohne HDR unterscheidet.
Videos sind immer noch gut, aber wie bislang wird das Bild im 4K-Modus stark an den Rändern beschnitten. Außerdem ist das Full-HD-Bild im Dunkeln heller und rauschfreier. Der Sensor ist rasend schnell und zeigt so keinen Rolling-Shutter-Effekt. Das kommt auch der elektronischen Bildstabilisierung zugute, die daher einwandfrei arbeitet.
OLED vom Display-Profi
An diesem Punkt finden wir endlich den großen Unterschied zum XZ2. Statt eines guten LC-Displays verwendet das XZ3 nun ein OLED-Panel. Das bringt mehrere Vorteile mit sich: OLED-Displays ermöglichen kleinere Ränder und sind dünner, sodass die Screen-to-Body-Ratio verbessert und das Telefon um 1,2 Millimeter schlanker wurde. Da bei OLED-Bildschirmen jeder Pixel einzeln abgeschaltet werden kann, sind sie in der Lage echtes schwarz darzustellen. Das sorgt gerade bei HDR-Inhalten für einen Wow-Effekt mit besonders starken Kontrasten und feinsten Abstufungen. Nicht ohne Grund basieren die derzeit besten Fernseher auf der OLED-Technologie. Zudem sind sie flexibler — Sony macht davon Gebrauch und spendiert dem Telefon ein am Rand gebogenes Display. Als Ergebnis ist das Bild dort verzerrt, etwas dunkler (oder heller) und schimmert etwas.
Mit einer Auflösung von 2.880 mal 1.440 Pixeln ist das Bild gestochen scharf, obwohl das 18:9-Display auf sechs Zoll angewachsen ist.
Nun fallen OLED-Smartphones oftmals durch extreme, unnatürliche und schon fast grelle Farben auf. Doch Sony wäre nicht Sony, wenn sie nicht einen „professionellen„ Modus anbieten würden, der durch Zurückhaltung und realistische Farben glänzt. Und auch der „Standard„-Modus, der den erweiterten TRILUMINOS-Farbraum unterstützt, ist vergleichsweise dezent. Hinzu kommt die Möglichkeit, per RGB-Slider die Farben anzupassen oder einen von drei Profilen von warm bis kalt zu nutzen.
Mit einem Spyder4Pro habe ich nachgemessen: Die maximale Helligkeit bei einem komplett weißen Display beträgt 414 Candela pro Quadratmeter. Wenn es eine Möglichkeit gibt, mehr zu bekommen, habe ich sie nicht gefunden. Das XZ2 schafft mehr. Trotzdem ist das Telefon sehr gut im Freien nutzbar. Das Messgerät verrät mir auch, dass das Display auf 7.700 Kelvin kalibriert wurde. Stelle ich auf warm, erreicht es immerhin 6.900 Kelvin. Möchte ich es kälter, sind es gruselige 9.800 Kelvin. Alles weit von dem, was mir gefällt. Nachdem ich es per RGB-Slider dem kalibrierten MacBook-Pro-Bildschirm angeglichen habe, bin ich aber zufrieden. Aber warum kann Sony nicht, so wie Apple oder Xiaomi, das Display von Haus aus vernünftig einstellen? Oder gar True Tone implementieren und das Bild automatisch an die Umgebung anpassen?
Spiele ich eine UHD-Blu-ray mit HDR ab, wechselt der Farbraum automatisch. Das Ergebnis ist ein natürliches Bild mit toller Tonalität, extremen Kontrasten und perfektem Schwarz. Die meisten Fernseher können hier nicht mithalten.
Audio Perfekt für YouTube & Co.
Das XZ3 verfügt über zwei an der Vorderseite eingelassene Lautsprecher, die direkt auf den Nutzer ausgerichtet sind. Das ergibt einen tollen Stereo-Effekt und stört andere nicht so. Außerdem ist es nahezu unmöglich, den Ton versehentlich mit den Händen zu bedecken. Der linke Lautsprecher ist als Hörer ausgelegt, während der rechte Lautsprecher unter dem Sony-Logo zwischen Displayglas und Metallrahmen versteckt ist — genau wie beim XZ2. Beide werden ausreichend laut, können aber in Sachen Bass nicht mit meinem LG V20 mithalten. Für Podcasts und YouTube-Videos sind sie allerdings perfekt geeignet.
Um die Illusion von Bässen zu erzeugen, vibriert das Telefon auf Wunsch, einstellbar in mehreren Stufen, munter vor sich hin, wenn tiefe Töne wiedergegeben werden. Leider geschieht dies, wie schon beim XZ2, mit etwas Verzögerung und nicht unbedingt in Abhängigkeit von der Frequenz. So bleibt es ein vielversprechendes Feature, das aber noch viel Feinschliff und einen besseren Vibrationsmotor benötigt. Überhaupt kann mich das Vibrationsfeedback nicht ganz überzeugen.
Das XZ3 besitzt statt einer 3,5-Millimeter-Klinkenbuchse nur den USB-C-Port. Damit klassische Kopfhörer trotzdem funktionieren liegt ein USB-C-Adapter im Karton. Dieser sollte ausschließlich für das XZ3 verwendet werden. Die Klangqualität ist gut und der Adapter angenehm flexibel, sodass er stets am Kopfhörer angeschlossen bleiben kann. Trotzdem ist mir eine traditionelle Buchse lieber, denn damit kann ich gleichzeitig laden und Musik hören.
Akkulaufzeit & Ladezeiten Weil Haltbarkeit wichtiger ist
Schon beim XZ2 hat Sony, um den Akku möglichst schonend zu behandeln, die Ladegeschwindigkeit drastisch reduziert. Dieser Trend setzt sich beim XZ3 fort. Laut Sony-Datenblatt unterstützt das Xperia XZ3 Power Delivery. Das probiere ich natürlich sofort aus. An einem Monitor mit Power-Delivery-Ladefunktion lädt das XZ3 tatsächlich in Rekordzeit auf: zwei Stunden und 28 Minuten von fünf auf 100 Prozent. Manch Konkurrent benötigt lediglich 35 Minuten. Fairerweise sind 95 Prozent bereits in zwei Stunden und sechs Minuten erreicht.
Nicht erwähnt im Datenblatt wird Quick Charge. Mit dem mitgelieferten Netzteil des XZ2 probiere ich es aus und bin in zwei Stunden und 47 Minuten am Ziel. Maximal neun Watt zieht das Netzteil während des Ladevorgangs, auch wenn das Display eingeschaltet ist und ich Benchmarks laufen lasse. Macht euch bei Nutzung als Navigationssystem also auf deutlich längere Ladezeiten gefasst.
Immerhin leistet das mitgelieferte Netzteil anscheinend mehr als aufgedruckt, denn es ist mit dem XZ3 genauso schnell wie das Quick-Charge-Exemplar. Der Fokus auf Power Delivery gefällt mir nicht, schließlich ist Quick Charge allgemein weiter verbreitet, zum Beispiel bei KFZ-Ladegeräten. Power Delivery wird hauptsächlich von Notebooks und Tablets genutzt.
Glücklicherweise unterstützt das XZ3 auch kabelloses Laden per Qi, damit es erst gar nicht in die Gefahr gerät, leer zu sein. Zumindest mit meinem Ladepad ist dann allerdings viel Geduld nötig. Überhaupt, ein Turbomodus, um in Notfällen den Akku schnell voll zu pumpen, wäre wünschenswert.
Im Akkutest von Geekbench mit dem Display auf mittlerer Helligkeit erreiche ich 3.328 Punkte — fünf Stunden und 38 Minuten. Bei der gleichen Einstellung kommt das XZ2 auf 3.449 Punkte, also fünf Stunden und 50 Minuten. Dabei ist das XZ2 bei mittlerer Einstellung heller, wobei bedacht werden muss, dass der Akkutest viel weiß und hellgrau anzeigt, was bei OLED-Displays für einen hohen Stromverbrauch sorgt. Zeigt ihr stattdessen bevorzugt dunkle Inhalte an, hält das Telefon länger durch. In jedem Fall reicht das locker aus, um einen Tag über die Runden zu kommen. Gelegenheitsnutzer können es sogar auf zwei Tage schaffen.
Xperia XZ2 Service Pack 1
In vielen Punkten gleicht das XZ3 seinem Vorgänger. Lediglich kleine — teils fragwürdige — Detailverbesserungen sind in das neue Modell eingeflossen. Und damit stellt sich die große Frage, warum ich mir derzeit das XZ3 kaufen sollte. Die Selfie-Kamera ist ein großer Schritt nach vorne und das OLED-Display ist spitze und schlägt das XZ2 deutlich. Aber der Rest ist nahezu identisch, in einigen Punkten gefällt mir das XZ2 sogar besser: Es ist dicker und runder und liegt so noch besser in der Hand. Außerdem verzichtet es auf ein gewölbtes Display und ist momentan günstiger.
Sehr löblich ist hingegen, dass das XZ2 die gleichen Verbesserungen per Software-Update erhalten hat wie das XZ3. Gerade in so einem Fall würden viele Hersteller das Vorgängermodell künstlich beschneiden, damit die Kunden doch lieber zum aktuellen Telefon greifen.
Und dann bleibt die Frage zur Konkurrenz, denn die hat nicht geschlafen. Während das XZ2 mit seinem Preis von Schwächen ablenken kann, schwächelt das XZ3 an fast den gleichen Punkten, kostet aber ähnlich viel wie die stärkeren Mitbewerber. Das XZ2 war in vielen Bereichen ein Schritt in die Richtung, doch Sony muss das Tempo beibehalten, um aufschließen zu können und konkurrenzfähig zu bleiben. Ich warte gespannt auf den Nachfolger und empfehle bis dahin erst mal das XZ2, bis das XZ3 ähnlich attraktiv wird.