Libratone AIR+ 3 im Test: Was können die schicken In-Ear-Kopfhörer?

von Mario Petzold

· 8 min Lesezeit

Mit starken Bässen, geradlinig skandinavischem Design und lückenloser Ausstattung wollen die Bluetooth-Kopfhörer Libratone AIR+ 3 die gehobene Mittelklasse aufmischen. Vom kabellosen Laden über die Trageerkennung bis zur gut personalisierbaren aktiven Geräuschunterdrückung liest sich die Liste der Funktionen in jedem Fall lückenlos. Hinzu kommen viele Einstellungen dank eigener App und der einfache Wechsel zwischen bis zu fünf Abspielgeräten.

Wie gut das Konzept praktisch umgesetzt ist, wie die Kopfhörer klingen, wo die Technik überzeugt und was durchaus noch verbesserungswürdig ist, will ich im nachfolgenden Test darlegen.

Guter Eindruck mit kleinen Schwächen

Pro
  • gut einstellbare Geräuschunterdrückung
  • kraftvolle Bässe
  • individuell anpassbare Funktionen
  • praktische Extras
  • ansprechende Optik
Contra
  • Klangqualität mittelmäßig
  • Trageerkennung unausgereift
  • Rauschen wahrnehmbar
Unsere Gesamtbewertung3,5

Lieferumfang: Umweltfreundliche Packung, essentieller Lieferumfang

Die Verpackung der Libratone AIR+ 3 ist sparsam gehalten, im positiven Sinne. Keine unnötige Folie, kein Plastik, stattdessen ausschließlich Papier und Pappe. Nur auf farbige Aufdrucke wollte Libratone verständlicherweise nicht verzichten.

Nicht üppig fallen auch die typischen Zugaben aus. Es gibt ein etwas kurzes USB-C-zu-USB-A-Kabel zum Aufladen. Wobei das Ladeetui auch kabellos geladen werden kann, was das Prädikat „True Wireless“ noch einmal bestärkt. Es liegen zudem vier unterschiedlich große Paar Ohraufsätze bei, um die passende Größe für den eigenen Gehörgang finden zu können.

Die Größenunterschiede könnten nach meinem Geschmack etwas deutlicher ausfallen. Gerade für zierliche Ohren kann es unter Umständen knapp werden, da ich bereits die kleinste Variante wählen musste, wo es bei der Konkurrenz tendenziell die zweitkleinste Größe ist. Auch zusätzliche Aufsätze aus Schaum oder vergleichbaren Materialien finden sich nicht.

Ausstattung: Ausstattung mit Schwächen

Verpackt sind die Ohrstöpsel sicher in der Ladebox. Die nutzt eine farbige LED für die Statusanzeige und einen kaum sichtbaren, aber gut zu ertastenden Druckknopf auf der Rückseite. Wird dieser lange gehalten, startet der Anmeldemodus. Wird er kurz gedrückt und sind mehrere Geräte zum Abspielen vorgesehen, wechseln die Kopfhörer zum nächsten Smartphone, Tablet et cetera. Die LED ändert dann ihre Farbe, um den Wechsel zum nächsten Abspielgerät anzuzeigen. Das funktioniert sehr zuverlässig und ist optisch ansprechend untermalt, da sich die Farben gut voneinander abheben.

Der Akku soll 6 Stunden halten, bei durchschnittlicher Lautstärke. Mit drei weiteren Aufladung in der Ladebox würden sich somit 24 Stunden Spielzeit ergeben. Das kann ich im Test nicht bestätigen. Mit halber Lautstärke, die meist ausreichen dürfte, und aktivierter Geräuschunterdrückung war nach nur 4:15 Stunden Schluss mit der Musik. Wirklich ausschalten lässt sich das ANC im Übrigen nicht, sodass sich die Akkulaufzeit kaum entscheidend verlängern ließe, außer über deutlich weniger Lautstärke. So bleiben in Summe realistische 17 Stunden, ein allenfalls durchschnittlicher Wert.

Darüber hinaus fiel mir bereits beim ersten Probieren ein mindestens ungewöhnliches Verhalten der Trageerkennung auf. Die Musik stoppt beim Herausnehmen der Ohrstöpsel und startet beim erneuten Einsetzen verlässlich. Legt man die Kopfhörer jedoch zwischendurch auf den Tisch, startet die Musikwiedergabe. Das passiert nicht bei einer ganz besonderen Handhaltung oder Ablegetechnik, sondern verlässlich bei jedem Mal. Auch unabhängig vom gekoppelten Gerät bleibt dieses Verhalten identisch. Sobald die Kopfhörer auf dem Tisch liegen, spielen sie gut hörbar weiter.

Es bleibt zu hoffen, dass Libratone diesen offensichtlichen Fehler durch ein Update behebt. Stand Januar 2024 würde ich dazu raten, die Trageerkennung in der App zu deaktivieren, um nicht aus Versehen eine halbe Podcastfolge oder die nächsten fünf Lieder zu verpassen und stattdessen die Schreibtischplatte damit zu beschallen.

Die leicht längliche Bauform sorgt für einen guten Halt in der Ohrmuschel.

Klang & Tragekomfort: Guter Sitz, viel Bass, wenig mehr

Etwas schwer und relativ groß fallen die Libratone AIR+ 3 aus, was angesichts der technischen Ausstattung nicht unbedingt überrascht. Zumal sie mit dem leicht länglich geformten Körper gut im Ohr sitzen. Sie haken sich, zumindest bei mir, in der Ohrmuschel ein, sitzen damit sicher und bequem. Ich konnte sie weder durch Springen noch durch Rennen auch nur im Ansatz lockern. Wer damit zum Joggen oder ins Fitnessstudio geht, sollte keine Probleme bekommen. Mit der IP54-Zertifizierung hat auch Schweiß kaum eine Chance, in die Kopfhörer einzudringen.

Lediglich für sehr kleine Ohren könnten die Stöpsel unbequem werden. Nur das kleinste Paar Ohrgummis passte bei mir, so sonst üblicherweise noch ein kleineres Paar bei In-Ear-Kopfhörer beiliegt. Ansonsten sitzen sie angenehm, nicht zu straff, nicht zu locker und verschließen den Gehörgang verlässlich, was für Geräuschunterdrückung und Klangentwicklung besonders wichtig ist.

Das Versprechen einer starken Basswiedergabe können die AIR+ 3 einhalten. Tiefe Frequenzen werden klar und mit ausreichend Nachdruck abgespielt. Lediglich die ganz tiefen Töne bleiben außen vor, was bei In-Ears aber keine Kritik ist, sondern technisch schlicht nicht besser umsetzbar ist.

Auch Schlagzeug oder Bassgitarre kommen gut zur Geltung, werden mit viel Kraft an die Ohren weitergereicht. Ähnlich solide schneiden Stimmen ab. Sie werden angenehm und klar wiedergegeben. So lässt sich über längere Zeit gut Musik hören, einem langen Podcast folgen und mehr.

Es gibt zudem zwei zusätzliche Klangprofile, die entweder Bässe oder Stimme zusätzlich hervorheben. Diese minimale Auswahl genügt in vielen Fällen und zeigt außerdem Wirkung. Mit dem passenden Musikgeschmack oder beim intensiven Eintauchen in ein Hörbuch spielen genau diese Einstellungen ihr Stärken aus.

Details dagegen werden schnell verschluckt. Obwohl die Kopfhörer mit aptX-Unterstützung werben, fallen hintergründig gespielte Instrumenten neben Gesangseinlagen nicht selten unter den Tisch. Bei komplexen Musikstücken mit breiter Bühne klingt die Wiedergabe mitunter verwaschen. Einzelne Instrumente lassen sich kaum heraushören.

Angesichts von aptX und einem ambitionierten Preis wurden meine Erwartungen an die Klangqualität etwas enttäuscht. Für das alltäglich Musikstreaming ohne höhere Anforderungen erfüllt der Klang jedoch seine Aufgabe und wird gerade im Dauerbetrieb gefallen. Und weil unter iOS die aptX-Unterstützung wegfällt, bleibt der zusätzliche Verlust an Detailliertheit am iPhone minimal.

Einen würdigen Ersatz für die guten Over-Ear-Kopfhörer zu Hause, um auch unterwegs Musik zu genießen, stellen die Libratone AIR+ 3 aber nicht dar.

Active Noise Cancelling: Meist still, aber mit Störmanövern

Ins etwas durchwachsene Gesamtbild fügt sich auch die aktive Geräuschunterdrückung. Sie erledigt ihre Hauptaufgabe verlässlich und kann an verschiedene Situationen und Anforderungen angepasst werden, weist aber nicht zu überhörende Schwächen auf.

Die wichtigsten Störquellen, Straßenlärm, Fahrgeräusche und Stimmen, werden effektiv unterdrückt. Dem Klang der Musik kann das nichts anhaben. Selbst ein Wechsel von der maximalen zur minimalen Stärke des ANC hinterlässt keine hörbaren Veränderungen, wo andere Modelle nicht selten den Bass unnötig verstärken oder Stimmen verzerren. Nicht ganz optimal ist das permanent hörbare Rauschen, zumindest bei hoch eingestellter Rauschunterdrückung und ohne Musikwiedergabe.

Seltsamerweise bleiben bestimmte Töne sehr deutlich wahrnehmbar. In meinen Tests fiel insbesondere auf, dass das Knistern von Papier oder das Tippen auf eine Tastatur scheinbar ungefiltert ans Ohr drangen – unabhängig von der gewählten Stärke der Geräuschunterdrückung. Beim Musik hören in der Straßenbahn, an einer viel befahrenen Straße oder beispielsweise am Bahnhof verrichten die Libratone AIR+ 3 ihren Dienst überzeugend.

Es geht aber besser: Das zeigen zum Beispiel die etwas teureren Sony WF-LS900NB. Soll es wirklich leise werden, würde ich im Grunde immer den Griff zu Over-Ear-Kopfhörern empfehlen. Schon einfach gehaltene Modelle wie die JBL Tune 770NC haben baubedingte Vorteile, die In-Ear-Kopfhörer mit ANC nur schwer aufholen können.

Nicht fehlen dürfen zwei praktische Zusatzeinstellungen. Der Sportmodus filtert Windgeräusche effektiv, zulasten der allgemeinen Geräuschunterdrückung. Der Transparenzmodus sorgt für eine verstärkte Wahrnehmung der Umgebung, ohne dabei zwangsläufig die Musik abschalten zu müssen. Hier hätte nach meinem Geschmack die Verstärkung von Stimmen intensiver ausfallen dürfen. So sind zum Beispiel Lautsprecherdurchsagen hörbar, aber nicht besser als ohne Kopfhörer. Andere Hersteller wie JBL zum Beispiel können hier Vorteile geltend machen.

App: Viel Überblick, wenige Einstellungen

Die App zu den Libratone AIR+ 3 gibt es für Android und iOS. Sie stellt einige grundlegende Funktionen bereit, sodass die Installation in jedem Fall ratsam erscheint.

Am wichtigsten dürfte die gezielte Anpassung der Geräuschunterdrückung sein. Neben der Stärke der Filterung lässt sich hier auch bequem der gewünschte Modus wählen. Der Wechsel zwischen verschiedenen Abspielgeräten gelingt am Smartphone-Display ebenfalls einfacher als über das Ladeetui, zumindest wenn mehr als zwei Geräte hinterlegt sind.

Zudem lässt sich das Klangprofil einstellen. Die Auswahl aus nur zwei vorkonfigurierten Abstimmungen oder der neutralen Variante wirkt allerdings sehr minimalistisch. Es hätte nicht viel Aufwands bedurft, um zumindest noch einen Equalizer für persönliche Vorlieben einzubauen.

Gut gelungen ist die freie Wählbarkeit des Verhaltens beim Steuern über die berührungsempfindlichen Seiten. Links und rechts stehen je zwei Befehle zur Verfügung. „Laut“ und „Leise“ sowie „Pause“ oder „Nächster Titel“ gehören aber schon dazu, sodass die große Freiheit bei der Bedienung nur mit aktiver App gegeben ist.

Zusätzliche Gesten, etwa langes Halten oder das Streichen von oben nach unten, fehlen leider.

Lautsprecher & Kopfhörer im Test

von André Nimtz

Nachhaltig und klangstark? Our Pure Planet Signature Headphones im Test

Haushaltsgeräte im Test

von André Nimtz

Kompakter Kühl-Profi: Dometic CFF 18 Kompressorkühlbox im Test

Fernseher im Test

von Johannes Geissler

AWOL Vision LTV-3000 Pro: Der Ultrakurzdistanzbeamer mit 150 Zoll Diagonale im Test

Gadgets im Test

von André Nimtz

Nie mehr allein zuhause: enabot EBO X Überwachungsroboter im Test

Gaming-Hardware im Test

von Sarah Park

ROG Ally im Test: Was taugt das erste Gaming-Handheld mit Windows 11?

Monitore & Bildschirme im Test

von André Nimtz

Office-Ergonomie pur: EIZO FlexScan EV3240X 4K-Monitor im Test

Gadgets im Test, Lautsprecher & Kopfhörer im Test

von Sebastian Kundisch

MoodPlay: Plattenspieler-Alternative für Sonos im Test

Gaming-Hardware im Test

von Mario Petzold

Samsung Portable SSD T9 im Test: Externe SSD für Eilige

Gaming-Hardware im Test

von Jenny Gringel

Kingston Fury Renegade im Test – Schneller als die Playstation erlaubt