Tech-Facts: Bietet ein Festnetzvertrag unbegrenztes Datenvolumen?
Der Gaming-PC steht bereit, Vorfreude auf spannende Spiele ist greifbar. Doch taucht eine unerwartete Frage auf: die Downloadgröße aktueller Spiele. Ob Microsoft Flight Simulator, Call of Duty: Modern Warfare oder ARK: Survival Evolved – sie alle beanspruchen erheblichen Speicherplatz. Das Ergebnis: Rasch werden mehrere hundert Gigabyte über die Festnetz-Leitung im WLAN verbraucht.
Während Festnetzverträge scheinbar unbegrenztes Datenvolumen versprechen, stellt sich die Frage: Ist es wirklich möglich, uneingeschränkt zu surfen oder verstecken die Anbieter in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) Klauseln, die das Surftempo nach einer bestimmten Nutzung drosseln?
Die Drosselkom-Ära
„Ab 2. Mai werden neue Tarife eingeführt, und bei denen gibt es Obergrenzen für Datenmengen wie bei Handy-Verträgen. Wer zu viel Daten abruft oder hochlädt, wird auf Schneckentempo abgebremst.“, so berichtete Der Spiegel am 22. April 2013.
Laut den Vertragsbedingungen der Telekom gereiften solche Bandbreitenbegrenzungen, sobald ein abhängiges Datenvolumen (je nach Tarif 75, 200, 300 oder 400 Gigabyte) im Monat überschritten wurde. Folgend sollte man mit 384 Kilobit pro Sekunde surfen. Zumindest technisch war die Drosselung erst drei Jahre später ab 2016 geplant. René Obermann, der damalige Konzernchef, rechtfertigte die Pläne mit den Milliarden-Investitionen für den Breitbandnetzausbau, die sich amortisieren müssten.
Die Öffentlichkeit reagierte auf das Unternehmen mit Spott und taufte es damals sarkastisch zur „Drosselkom“. Angesichts massiver Proteste von Verbrauchern, Politikern und Journalisten lenkte die Telekom ein und kündigte an, die Datenübertragungsgeschwindigkeit lediglich auf zwei Megabit pro Sekunde zu verringern. Damit gab sich die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen allerdings nicht zufrieden und erhob Unterlassungsklage.
Mehr zum damaligen Fall, lest ihr hier:
- News & Trends Veröffentlicht am: 12. Juni 2013
10 Jahre später: Realität vs. Vertragsbedingungen
Nach über einem Jahrzehnt stellt sich die Frage: Wie hat sich die Lage entwickelt, wo knapp 20 Prozent mehr der Deutschen das Internet nutzen?
Besonders interessant ist ein Blick auf die Praxis bei Tele Columbus AG, wie uns Mario Gongolsky, Vertreter des Unternehmens, mitteilt. Er weist darauf hin, dass das Datentransfervolumen einzelner Anschlüsse grundsätzlich nicht gemessen wird.
„Um hier auf sich aufmerksam zu machen, müsste ein einmalig hoher Trafficverbrauch schon eine Cluster-Störung erzeugen, welche weitere Kunden mit sich zieht.“
– Mario Gongolsky, Tele Columbus AG
Dirk Wende, Unternehmenssprecher bei der Telekom bestätigt ebenfalls, dass, sofern im Vertrag keine Limitierung vorgesehen ist, unlimitiertes Datenvolumen ohne Breitbanddrosselung für die private Internetnutzung bereitgestellt wird. Der Unternehmenssprecher betont, dass bei Gaming-affinen Haushalten auch gerne schon einmal ein paar Terabyte an Daten im Monat zusammenkommen würden.
Einige Provider haben in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen dennoch eine formale Klausel. Diese besagt, dass die Gesellschaft sich das Recht vorbehält, bei überdurchschnittlicher Belastung des Internet-Zugangs durch den Kunden die Datenübertragungsgeschwindigkeit zu beschränken. Alternativ kann dem Kunden ein Angebot für ein höherwertiges Produkt unterbreitet werden. Des Weiteren bleibt es den Anbietern vorbehalten, bestimmte Anwendungen der TCP/IP-Protokollfamilie nicht zu unterstützen. Was sich hinter TCP/IP verbirgt, liest du übrigens in den häufig gestellten Fragen weiter unten.
Dabei handelt es sich nicht um Klauseln, die den Kunden grundsätzlich benachteiligen. Vielmehr gewähren diese den erforderlichen Handlungsspielraum bei überdurchschnittlicher Nutzung, insbesondere im Fall der Wiederholung. Diese Regelung soll sicherstellen, dass einzelne Nutzer, die als Power-User bekannt sind, die begrenzten Ressourcen des Anbieters nicht zu stark nutzen, sodass andere Kunden benachteiligt werden.
Interessanterweise hat es laut Herrn Gongolsky bisher bei Tele Columbus noch keinen einzigen Fall gegeben, in dem solche Einschränkungen in der Praxis wirksam wurden.
„Lokale Leistungseinbrüche aufgrund von hohem Datenverbrauch eines Privathaushalts sind uns aus der Vergangenheit nicht bekannt. Einschränkungen oder sogar Abschaltungen bei Privathaushalten haben wir dementsprechend bisher auch nicht vorgenommen.“
– Mario Gongolsky, Tele Columbus AG
Diese Einblicke verdeutlichen, dass trotz formaler Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen solche Beschränkungen im täglichen Gebrauch äußerst selten und nur im Notfall vorgesehen werden. Auf Nachfrage erklärten alle befragten Internetanbieter, dass derartige Vorfälle fast ausnahmslos auf gewerbliche Nutzungsmöglichkeiten beschränkt sind, was im Privatkundengeschäft untersagt wird.
Eine Breitbanddrosselung könnte es beispielsweise geben, wenn ein Nutzer übermäßig Traffic in Zusammenhang mit BitTorrent über eine private Festnetzleitung erzeugt. Folglich könnten die Internetanbieter BitTorrent als TCP/IP-Anwendung einschränken oder sogar vollständig blockieren.
Der Fall der Unterlassungsklage
Zurück zur Unterlassungsklage: Das Landgericht Köln (Az. 26 O 211/13) folgte den Ansichten der Verbraucherschützer und erklärte die Vertragsklausel für unzulässig, da die Tarife als Flatrate vermarktet wurden.
Besonders bedeutsam ist die Feststellung des Gerichts, dass die Klauseln nicht nur Power-User betreffen, sondern auch den durchschnittlichen Nutzer in Zeiten steigenden Internetbedarfs.
Fair-Use-Regelungen im Mobilfunk
Während man im Festnetzbereich keine Sorgen haben muss, ist im Mobilfunk Vorsicht geboten. Hier besteht eine sogenannte Fair-Use-Regelung. Wenn Kunden mit einem Mobilfunk-Vertrag inklusive unlimitierten Datenvolumen in das EU-Ausland reisen, ist die Datennutzung limitiert. Diese Datengrenze für die „faire Nutzung“ besteht laut EU-Kommission, damit die Betreiber weiterhin Roamingdienste anbieten können, ohne dass die Inlandspreise erhöht werden müssen.
Ist dies der Fall, muss der Betreiber im Voraus über ein solches Limit informieren und benachrichtigen, falls 80 Prozent des Limits erreicht ist. Ein bewusster Blick auf die Mobilfunk-Regelungen kann demnach dazu beitragen, unerwünschte Überraschungen und Einschränkungen während der Nutzung im Ausland zu vermeiden.