Bose Quietcomfort 45 im Test – gelungene Weiterentwicklung des ANC-Klassikers?
Lange Zeit war es ruhig um die QuietComfort-Reihe von Bose. Zu lange in meinen Augen. Bose ist der Pionier für Kopfhörer mit Active Noise Cancelling (ANC). Jahrelang gab es praktisch keine ernste Konkurrenz in diesem Segment. Doch spätestens seit der Veröffentlichung des direkten Vorgängers Bose QC35 II im Jahr 2017 wurde die Luft spürbar dünner. Vor allem Sony mit der WH-1000XM-Reihe und Apple mit den AirPods Max positionierten sich als würdige Gegner im ANC-Segment, zuweilen mit besseren ANC-Ergebnissen als Bose.
Das möchte und kann Bose nicht auf sich sitzen lassen und schickt nach den formschönen Bose Headphones 700 jetzt die etwas günstigeren und reisetauglicheren Bose QC45 ins Rennen um die Krone des ANC-Throns. Wie schlagen sich die neuen Kopfhörer gegen die Konkurrenz aus eigenen und fremden Hallen? Lest weiter!
Solides Bose-Gesamtpaket
- Sehr gutes aktives Noise Cancelling
- Unaufdringliches und warmes Klangbild
- Beste Größe für Reisen und Mobilität
- Hervorragender Tragekomfort
- Gut geeignet fürs Home-Office
- Kein neutraler Sound-Modus
- Wahrnehmbares Grundrauschen
Unboxing & Hands-On: Bose liefert alles, was die meisten Nutzer heutzutage brauchen
Der Karton der Bose QC45 ist unspektakulär, im Inneren wartet wartet jedoch schon das eigentliche Objekt der Begierde. Sicher verpackt in einem passgenauen Transportetui schlummern die Over-Ear-Kopfhörer selbst. Sie sind so gefaltet, dass der Platz optimal genutzt wird. Im Deckel des Etuis befindet sich ein kurzes USB-A auf USB-C-Ladekabel. Warum das ausreichend ist, lest ihr weiter unten. Zudem ist ein 3,5 auf 2,5 Millimeter Klinke-Audiokabel beigelegt, falls ihr analog hören wollt oder müsst. Auf ein Ladegerät verzichtet Bose genauso zeitgemäß, wie es mittlerweile auch Apple, Sony, Bowers & Wilkins und andere namenhafte Marken der Branche tun.
Optisch überrascht der QC45 nicht und kommt nahezu unverändert im Vergleich zu seinem Vorgänger QC35 II daher. Auf der rechten Ohrmuschel befindet sich der Ein- und Ausschalter, der auch fürs Pairing Anwendung findet. Drei weitere Buttons für die Audiokontrolle befinden sich seitlich am Gehäuse, zudem eine mehrfarbige LED zur Statusanzeige. Auch ein USB-C-Ladeeingang ist an der rechten Seite zu finden. Die linke Seite kommt etwas sparsamer daher und beinhaltet neben einer Aktionstaste zum Umschalten der Sound-Modi nur noch den Klinkenanschluss zum Hören über analoge Tonquellen. Auf den Innenseiten der Ohrmuscheln steht “L” für links und “R” für rechts geschrieben und auf den Außenseiten thront dezent der Bose Schriftzug.
Technische Daten: Stabiles Leichtgewicht & aktuelle Technik
Der Bose QC45 wiegt gerade einmal 240 Gramm und sein Etui bringt 180 Gramm auf die Waage. Zusammen sind das kaum mehr als 400 Gramm, die man transportieren muss, wenn die QC45 zum täglichen Begleiter werden. Verglichen mit anderen Over-Ear-Kopfhörern ist das ein leichtgewichtiger Spitzenwert. Doch ist Leichtigkeit auch stabil? Nach einem Monat des Testens kann ich das nicht wirklich beurteilen, jedoch wirbt Bose damit, dass man glasfaserverstärktes Nylon für mehr Stoßfestigkeit und Scharniere aus Gussmetall verwendet hat, die ebenfalls langlebig und stabil seien. Konnte man beim Vorgänger QC35 II neben Schwarz noch die Farbe Silber wählen, liefert Bose die QC45 in Schwarz und Weiß.
Die Bose QC45 unterstützen die Bluetooth-Version 5.1 und geben als Reichweite bis zu neun Meter an. Einen Wert, den ich bestätigen kann. Audio-Abbrüche kennen die QC45 in diesem Umkreis nicht – eine Eigenschaft, die nicht jeder Bluetooth-Kopfhörer vorweisen kann. Im Inneren der Bose Over-Ear-Kopfhörer sind mittlerweile vier Mikrofone verbaut. Sie werden für das Active Noise Cancelling und für den Sprachempfang bei der Nutzung als Headset verwendet.
Inbetriebnahme: Einrichtung & Betrieb
Damals mit der Einführung von USB war “Plug & Play” der große Hit. Bose macht es beim QC45 genauso einfach. Wie schon beim Vorgänger QC35 II, befindet sich auf der rechten Hörmuschel der Ein- und Ausschalter, der fürs Pairing mit einem Endgerät einfach nach rechts geschoben wird. Wenn ich den Over-Ear-Kopfhörer beim Einschalten aufgesetzt habe, hörte ich ein kurzes Sound-Intro und dann eine recht roboterartige Frauenstimme auf Englisch sagen, dass ich die Bose Music App herunterladen soll und der Kopfhörer “Ready to connect” ist. Auch ohne die App lässt sich jetzt ohne Probleme eine Verbindung mit bis zu zwei Endgeräten gleichzeitig herstellen. Doch schauen wir uns im nächsten Abschnitt die Einrichtung mit der Bose Music App an.
Komfortable Alternative: Mit der Bose Music App zur Einrichtung
Damit der Bose QC45 besonders komfortabel eingerichtet wird und sein komplettes Potenzial entfalten kann, lade ich mir aus einem App Store (Direktlinks zu Apple App Store und Android Play Store) die neuste Version der Bose Music App runter. Zugegeben, ich war etwas irritiert, dass der QC45 nicht mit der Bose Connect App koppelbar ist, die ich vormals für alle meine Bose-Geräte verwendet hatte.
Für alle, die noch kein anderes Gerät mit dieser App eingerichtet haben, erscheint nach dem Öffnen der Bose Music App sofort eine Schaltfläche zum “Produkt verbinden”. Jetzt muss ich spätestens den Bose QC45 einschalten, damit dieser vom Smartphone erkannt werden kann. Die App zeigt anschließend den Kopfhörer an und bittet um die Freigabe zum Koppeln. Seid ihr damit fertig, kann noch der angezeigte Bluetooth-Name des Noise-Cancelling-Kopfhörers verändert werden und dann ist das Setup auch schon erledigt. Der nächste Bildschirm zeigt das typische Hauptmenü mit Lautstärkeregler, Quellenauswahl und Tipps.
Oben rechts in der Ecke gibt es ein Zahnradsymbol, worüber ihr zu den Einstellungen gelangt. Hier erreicht ihr beispielsweise Verbindungseinstellungen, Produkttipps sowie Voreinstellungen fürs Power-Management oder die Auswahl der Sprache für die Sprachausgabe und den Support. Firmware-Aktualisierungen werden ebenfalls über die App angeboten, wenngleich während meiner Testzeit kein solches Update zur Verfügung stand.
Die Einrichtung der Bose QC45 ging mit der App einfach von der Hand. Insgesamt liegen die Auswahlmöglichkeiten unter meinen Erwartungen, da ich darin weder Anpassungen am Klang vornehmen, noch das Noise Cancelling abschalten kann. Mehr dazu im Abschnitt zum Klang.
Active Noise Cancelling: Ruhe ist Zwiespalt in jeder Hinsicht
Vorweg: Das ANC des Bose QC45 funktioniert einwandfrei. Selten wurde ich mehr von Menschen erschrocken, die mir auf die Schulter tippten, da sie nicht anders zu mir durchdringen konnten. Mit dem Bose QC45 befinde ich mich förmlich in einem Tunnel und bekomme nichts mehr von der Außenwelt mit. In meinen Augen ist das perfekt für alle, die in lauten oder störenden Umgebungen konzentriert arbeiten möchten. Am Ende des Tunnels ziehen jedoch Gewitterwolken auf. Ich erkläre euch, warum.
Erstens erkauft sich Bose diese Ruhe mit einem recht deutlichem Grundrauschen, das ich wahrnehme und mich beim Hörgenuss stört. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Rauschen den Noise-Cancelling-Effekt positiv beeinflusst, den Sound jedoch leider nicht. Ruhige Klavierstücke hören sich so für mich nach einer schlechten Studioqualität an.
Zweitens lässt sich das Noise Cancelling nicht wirklich abschalten. Bose hat genau zwei Sound-Modi. Der erste heißt “Leise” und der zweite “Wahrnehmbar”. Bei “Leise” ist das Active Noise Cancelling eingeschaltet und die Außengeräusche werden sehr gut eliminiert. Bei “Wahrnehmbar” passiert in etwa das Gegenteil, da die Außengeräusche verstärkt nach innen weitergegeben werden. Mir fehlt der neutrale Modus, bei dem das ANC und die Außengeräuschverstärkung ausgeschaltet sind. Ihr fragt euch vielleicht, wofür ich das benötige. Ich höre gern über Over-Ear-Kopfhörer Musik, auch in ruhiger Atmosphäre, wo ich kein Noise Cancelling benötige und den maximalen Hörgenuss erleben möchte. Die Bose Headphones 700 sind für diese Situation die bessere Wahl für mich, da ich dort zwischen elf Noise-Cancelling-Stufen wählen kann und auch das Ausschalten des ANCs möglich ist.
Zum Abschluss dieser Sektion noch ein positiver Fakt zum QC45. Sofern man keine automatische Abschaltung in der App aktiviert hat, lässt sich der Kopfhörer auch einfach nur zum Verringern der Umgebungsgeräusche tragen, ohne dass dabei Musik gehört werden muss. Das ist prima, wenn man sich ohne Musik fokussieren möchte.
Klang: Der Bose-Sound 3.0 – in Stein gemeißelt
Der typische Bose-Sound, wie ich ihn seit einigen Jahren beschreibe, wird immer besser. Das Klangbild kommt neutral daher, mit einem Hang zur Wärme. Was heißt das? Der Soundprozessor verstärkt die Basspartien leicht. Zeitgleich zeigen die Bose-Klangspezialisten Feingefühl für Höhen und sanfte Passagen. Ein glasklares und präzises Klangbild ist die wunderbare Folge davon, die nur durch zwei Einschränkungen leicht getrübt wird. Wie im vorigen Abschnitt beschrieben, leistet sich Bose beim QC45, dass das ANC nicht abschaltbar ist, wodurch das Grundrauschen wahrnehmbar bleibt. Darüber hinaus und auch schon bekannt bei Bose ist der Umstand, dass das Klangbild nicht via Equalizer oder Klangprofilen einstellbar ist. Der Klang ist damit in Stein gemeißelt. Die zweite Einschränkung ist für mich kein Anlass zum Groll, da ich mit dem Klangbild sehr zufrieden bin. Auf in die Details!
Bad Kingdom von Moderat, einer meiner Bass-Favoriten mit Chor und vielen High Heads lässt mich voll abtauchen. Ich vermisse nichts – weder Bass noch Höhe. Die Höhen der Partituren kommen klar und beflügelnd zur Geltung. Vergleichbar ist dieser Sound für mich am ehesten mit den Bang & Olufsen H9 3rd. Gen.
Frozen von Madonna, glasklarer Einsatz von Madonnas Stimme, top Studioqualität, Gänsehaut bei den ersten Bässen. Auch der gelegentliche Tiefbassbereich trommelt zum Ohr, ohne dabei die Details der Hochtöne zu vernachlässigen. Das Stereo-Hin-und-Her meistert der Bose QC45 mit Bravour. Und dann, ab Minute 3:15, eine Gänsehaut nach der anderen bis zum Finale bei Minute 4:10. Das schaffen nicht viele Kopfhörer.
Und jetzt Augen zu und durch – mit Smalltown Boy – 12″ Version von Bronski Beat. Die ersten 3 Minuten und 45 Sekunden sollte sich jeder audiophile Hörer einmal mit geschlossenen Augen und guten Over-Ear-Kopfhörern gönnen. Hier wird dem Bose QC45 die eingangs beschriebene Schwäche, nämlich das Rauschen, zum Verhängnis. Sobald der Beat einsetzt, ist das wieder Vergangenheit. Diesen Song höre ich lieber mit den Bose Headphones 700.
In The Air Tonight – 2015 Remastered von Phil Collins. Wieder habe ich Gänsehaut – diesmal gleich zu Beginn. Entfernte Gitarrenriffs, Stimme im Hall, sanfter Beat und so manche Hochtöne lassen mich tief eintauchen. Alles klingt perfekt abgestimmt. Bis zur Explosion des Titels, bei circa zwei Drittel seiner Länge, ist eine großartige Stimmung aufgebaut. Gut gemacht Phil, gut gemacht Bose QC45.
Mobility & Tragekomfort: Wie bequem sich die Ohrheizung im Dauertest schlägt
Reine Fakten: Auf der Website des Herstellers preist Bose seine QC45 Kopfhörer mit 24 Stunden Laufzeit an. Das sind vier Stunden mehr als sowohl beim Vorgänger QC35 II als auch beim Schwestermodell Bose Headphones 700. Toppen kann das nur Sony mit dem Konkurrenzmodell WH-1000XM4, das 30 Stunden Akkulaufzeit leistet aber ein paar Gramm mehr Gewicht auf die Waage bringt. Ich habe die Laufzeiten nicht mit der Stoppuhr validiert aber es dauert schon eine halbe Ewigkeit, bis die Bose Over-Ear-Kopfhörer wieder ans Ladegerät müssen. Ist es dann so weit, laden sie in gut zwei Stunden wieder auf 100 Prozent auf. Einziger Wermutstropfen ist, dass kein gleichzeitiges Laden und Hören funktioniert. Ist mal keine Stromquelle vorhanden, hört man einfach über das mitgelieferte Klinkenkabel ohne Verstärkung und ohne ANC weiter. Hier sollten jedoch nicht allzu hohe Ansprüche an die Tonqualität gestellt werden.
Sprechen wir über den Tragekomfort. Es gibt wenige Over-Ear-Kopfhörer, die sich meinem Kopf so angenehm anschmiegen, meine Ohren komplett umfassen und dabei nicht unangenehm drücken. Der QC45 ist ein solcher Kandidat – wie auch schon sein Vorgänger und dessen Vorgänger. Die Ohrpolster aus Kunstleder bieten einen weichen Sitz und schirmen bereits passiv von der Umgebung ab. Den QC45 kann ich bequem über mehrere Stunden tragen, ohne dass ich ihn absetzen möchte. Klar, die Ohren werden schön warm, doch das ist bauartbedingt bei jedem geschlossenen Over-Ear-Kopfhörer der Fall. Einen bisher unerwähnten Vorteil bietet Bose, da so ziemlich jedes Verschleißteil nachbestellbar ist, so auch Ohrpolster, Kabel oder Hardcase.
Neben der langen Akkulaufzeit und dem guten Tragekomfort bleibt noch zu erwähnen, dass sich die faltbare Form des Bose QC45 und sein exakt passendes Etui perfekt für Reisen oder die Mitnahme eignen. Besonders mit dem ersten und dem letzten Punkt hat er zwei Alleinstellungsmerkmale gegenüber seinem hauseigenen Konkurrenten Bose Headphones 700.
Auch als Headset taugt der Bose QC45, was ich bei stundenlangen Videoanrufen via Zoom, Microsoft Teams oder auch bei einfachen Telefonaten bestätigen kann. Da man im Menü der App einstellen kann, wie sehr man seine eigene Stimme bei Anrufen mithören möchte, spricht man deutlich leiser, als wenn man mit anderen geschlossenen Kopfhörern telefoniert. Die Stimme kommt zudem klar beim Gegenüber an. In dieser Disziplin bin ich positiv von Bose überrascht, da ich nicht mit einer so guten Kompatibilität als Headset gerechnet hatte. Schaut man jedoch in Großraumbüros hinein, was in Zeiten von Corona auch eher schwer ist, sieht man viele Bose Kopfhörer der QC-Familie. Das kann Bose einfach!