“Spiegelreflex-Kamera” für unterwegs: das HUAWEI P60 Pro im Test

von Sebastian Zumpf

· 8 min Lesezeit

Die letzte Meldungen über HUAWEI, an die sich viele erinnern können, ist die Tatsache, dass der chinesische Hersteller nicht mehr von Google unterstützt wird und ein eigenes Betriebssystem entwickelt. Damit wurden alle folgenden Smartphones nach dem P30 in negatives Licht gerückt. Viele machten sich Sorgen, häufig genutzte Apps, wie Youtube, Google Maps, Whatsapp und co. nicht mehr nutzen zu können.

Schade eigentlich, denn das neueste Flaggschiffmodell P60 Pro verspricht auf dem Papier eine ganze Menge und sieht dabei noch unglaublich schick aus.
Was das Smartphone genau zu bieten hat und wie deutlich sich der fehlende Google-Support tatsächlich bemerkbar macht, habe ich mir im Test näher angeschaut.

Ein Hingucker mit Abstrichen

Pro
  • hochwertige Kamera mit zehnfachem optischen Zoom
  • zwei verbaute Lautsprecher für besseres Sounderlebnis
  • schickes Design
  • GBox als Alternative für Google Services
Contra
  • keine 5G-Unterstützung
  • kein Google-Support
  • Abstriche bei der Hardware
Unsere Gesamtbewertung4

Unboxing: Simpel gehalten - alle Essentials dabei

Der Lieferumfang beinhaltet neben dem Smartphone ein Netzteil, ein Ladekabel und ein Sim-Karten-Tool. Zusätzlich beigelegt ist eine durchsichtige Schutzhülle, um das schicke Gehäuse vor Kratzern und Stößen zu bewahren – sehr zuvorkommend!Das Besondere am Netzteil ist, dass es nicht nur die übliche USB-A-Schnittstelle hat, sondern auch eine Schnittstelle für ein USB-C-Kabel.

Das Design der Verpackung ist dabei schlicht gehalten, um nicht von dem tollen Design des Smartphones abzulenken. Leider habe ich in Puncto „Nachhaltigkeit“ einen Kritikpunkt, denn alle Teile sind in Plastik verpackt. Viel mehr gibt es nicht zu sagen, kommen wir deshalb direkt zum Design.

Überblick über den Lieferumfang

Design: Ein schöner Rücken kann auch entzücken.

Das erste, das mir neben der großen Kamera des P60 Pro sofort auffällt, ist die überaus schöne Rückseite des Smartphones in der Farbe Rococco Pearl. Mit der Perlenstruktur ergibt sich so bei jedem Smartphone ein einzigartiges Design. Jedes P60 Pro ist also ein Unikat! Persönlich finde ich es sehr schön und es sticht definitiv aus der Masse heraus. Natürlich ist das aber abhängig vom eigenen Geschmack. Alternativ gibt es das Smartphone übrigens auch in elegantem Schwarz.

Kommen wir zur zweiten Auffälligkeit, die zugleich Markenzeichen der P-Serie von HUAWEI ist: das massive Kameramodul. Im runden Design lächelt mich die Hauptkamera an, in der eine verstellbare physische Blende verbaut ist. Was die Kamera zu bieten hat, berichte ich euch noch ausführlicher!

An der rechten Seite befinden sich – wie bei den meisten Smartphones üblich – Lautstärke-Tasten und der Power-Button. Die beiden verbauten Lautsprecher an der Ober- und Unterseite ermöglichen euch satten Stereo-Sound. An der Unterseite befinden sich noch der SIM-Kartenslot mit Platz für zwei Nano-SIM-Karten und die USB-C-Schnittstelle. Wer einen Kopfhörer-Anschluss sucht, wird keinen finden – auch das ist mittlerweile aber nicht unüblich.

Display: 6,67 Zoll Quad-Curve LTPO Display mit adaptiver Bildwiederholrate

Mit einer Bildwiederholrate von bis zu 120 Hertz, einer Auflösung von 2700 mal 1220 Pixeln und einer Bildpunktedichte von 444 ppi lässt sich das HUAWEI P60 Pro besonders schön bedienen. Flüssige Videos, Bildübergänge oder Animationen bei Spielen sind auf dem 6,67 Zoll großen Display garantiert.

Da die stetig hohe Bildwiederholrate logischerweise höheren Stromverbrauch verursacht, lässt sich manuell zwischen den Raten wechseln. Zusätzlich besteht auch die Möglichkeit, dass sich die Wiederholrate adaptiv, also automatisch anpasst. Dabei analysiert das Smartphone, welcher Bildinhalt gerade dargestellt wird. Für Videos, Games oder Scrollen stellt das P60 Pro automatisch eine höhere Bildwiederholrate ein, als beispielsweise zum Lesen von Texten. Persönlich habe ich den Wechsel zwischen den Wiederholraten nie als negativ empfunden, womit sich die adaptive Einstellung lohnt.

Erwähnenswert ist auch, dass beim HUAWEI P60 Pro ein an den Seiten abgerundetes Display verbaut ist, deshalb die Bezeichnung „Curve“. Ich musste mich erst einmal an so ein Display gewöhnen. Ich hatte öfters Schwierigkeiten, Buttons am Rand exakt zu tippen. Beispielsweise den „Zurück“-Button auf der Tastatur. Mit Übung ist das aber kein Problem weiter.

Software: Kein Google-Support = No-Go?

Mit Wegfall des Google Supports hat Huawei ein eigenes Betriebssystem entwickelt, das sich ebenso intuitiv steuern lässt. Weder habe ich bei der Bedienung Einstellungen vermisst, noch kann ich von Beeinträchtigungen in der Bedienung berichten. Für jede typische Google- beziehungsweise Android-Anwendung gibt es darüber hinaus ein passendes HUAWEI-Pendant: Petal Maps ersetzt Google Maps, Petal Search ersetzt die Google Suche und mit HUAWEI Music lässt sich Musik streamen, speichern und abspielen. Sämtliche Apps befinden sich in der HUAWEI AppGallery. Natürlich braucht es etwas Zeit, bis man sich in ein neues System reingefunden hat. Danach läuft aber alles wie gewohnt.

Was mir und vielen anderen dennoch etwas negativ auffällt, ist das Angebot der Apps in der AppGallery. Ich konnte viele Apps in der AppGallery herunterladen oder wurde auf eine externe Seite weitergeleitet, auf der ich eine APK-Datei herunterladen und anschließend installieren kann. Dafür musste ich die Option der Software-Installation von Drittanbietern aktivieren, womit ich gleichzeitig den Schutz vor Schadsoftware aufgebe. Wer das nicht möchte, muss so auf gewisse Apps verzichten. Durch den fehlenden Google-Support sind zudem einige Apps, die viele im Alltag nutzen, nicht verfügbar. Das beste Beispiel ist YouTube oder auch Anbieter wie Spotify.

Doch es gibt auch gute Neuigkeiten: Um dem entgegenzuwirken, gibt es eine App namens “GBox”. Die App fungiert als eine Art virtuelle Maschine und lässt euch so Apps in einem zusätzlichen App-Store herunterladen, die teilweise von Google selbst gestellt oder innerhalb des HarmonyOS-Betriebssystem nicht enthalten sind. Hier gibt es auch die Möglichkeit, Wunschapps einzutragen, die noch fehlen.

Das ganze funktioniert tatsächlich erstaunlich gut. Während meines Tests ist mir aber aufgefallen, dass die GBox App dauerhaft laufen muss, womit ich nicht gerechnet hatte. Das macht sich natürlich in der Akkulaufzeit bemerkbar und bei schnellem Hin- und Herswitchen der Apps kam es ab und zu zu Abstürzen von GBox. Außerdem werden alle Benachrichtigungen über die GBox gebündelt. Das heißt, man muss sie erst aufklappen, um den Inhalt der einzelnen Benachrichtigungen zu erkennen.

Ein weiteres größeres Manko für mich: Es gibt Apps, die ich über die GBox-App oder per APK installieren kann, die aber ohne den Google-Support nicht funktionieren – Pokémon Go beispielsweise. Wäre ich noch stark in dieses Game involviert, wäre das leider ein Ausschlusskriterium.

Hardware & Leistung: Heiße Ware, aber im wahrsten Sinne

Ein Punkt, der mir schon aufgefallen ist, als ich das P60 Pro eingerichtet hatte und am ersten Tag benutzte, ist die Wärmeentwicklung. Die GPU befindet sich im oberen Bereich des Smartphones, neben der Kamera und das habe ich auch sehr schnell “gefühlt”. Beispielsweise als ich mich während einer längeren Bahnfahrt mit dem Smartphone beschäftigt hatte und es dann in die Hosentasche stecken wollte, habe ich direkt gespürt, wie warm das Smartphone geworden ist. So eine Erfahrung hatte ich bisher in der Form noch nicht mit einem anderen Smartphone. Beim Härtetest für die Benchmark-Zahlen ergab sich eine Temperatur von fast 95 Grad. Das ist beträchtlich und sollte im Auge behalten werden.

Mit dem Snapdragon 8+ Gen 1 4G und der Adreno GPU kann das HUAWEI P60 Pro zwar noch mithalten im Benchmark-Test mit einem Compute Score von 51,8. Wenn man die Tabelle erweitert, sieht man jedoch, dass es doch eine Menge anderer Smartphones gibt, die bessere Werte erreichen.
Dazu soll fairerweise gesagt sein: Im alltäglichen Gebrauch habe ich aber keine Leistungseinbußen oder -einbrüche bemerkt. Es lief flüssig ohne weitere Verzögerungen (bis auf kleinere Lags durch GBox). Scrollen bei Instagram und Tiktok, Streaming auf Paramount und Netflix oder auch Casual Games waren für den Prozessor kein Problem. Die Leistung kann meiner Meinung nach also trotz mittleren Bewertungen sehr gut mithalten.

Leider gibt es noch einen wichtigen Punkt zum Netzwerk zu erwähnen: Das Modell kann nicht mit 5G-Verbindung benutzt werden, sondern unterstützt lediglich 4G-Verbindungen.

Das P60 Pro erreicht 51,8 Punkte (HUAWEI MNA-LX9). Im Vergleich landet das Smartphone nur im unteren Drittel.

Kamera: Bis zu zehnfach optischer Zoom mit gestochen scharfen Bildern? Kein Problem!

Das Highlight des HUAWEI P60 Pro bleibt die Kamera. Wer keine Lust hat, ständig seine Spiegelreflex-Kamera umherzuschleppen, wird mit der Kamera vom P60 Pro eine sehr gute Alternative finden. Vor allem, wenn man sich mit den Feineinstellungen besonders gut auskennt. Für ein paar Impressionen ohne Feintuning habe ich einige Bilder geschossen, um vor allem den Zoom einmal zu zeigen. Diesen finde ich besonders bemerkenswert. Bis zu einem zehnfachen Zoom bleibt das Bild gestochen scharf. Darüber hinaus kann ich bis zu hundertfach digital nachzoomen – natürlich dann mit Qualitätseinbußen – während ein Overlay anzeigt, in welchem Ausschnitt des Bildbereiches ich mich befinde.

Die 48-Megapixel-Hauptkamera ist mit einer flexiblen Blende von f/1.4 – f/4.0 ausgestattet und unterstützt eine Auflösung von bis zu 8.000 mal 6.000 Pixeln.  und bietet auch einen sehr schönen Weitwinkel in zweifacher Ausführung. Dazu gesellen sich eine 13-Megapixel-Ultra-Weitwinkel-Linse mit Blende f/2.2 und eine Ultra Lighting Telefotokamera mit 48 Megapixeln und einer Blende mit f/2.1. Ebenso gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Modi für die Kamera wie Panorama, Super Macro, Portrait, Nacht und viele mehr für verschiedenste Anlässe. Ihr könnt euch also so richtig austoben und das Kamerasystem je nach Anlass individuell einsetzen

Akku & Sound: Zwei wertige Lautsprecher im P60 Pro & eine überraschende Akkulaufzeit

So wie das HUAWEI P60 Pro einen klaren Fokus auf die Kamera legt, so gibt es Abstriche in anderen Bereichen. Was zusätzlich hingegen positiv zu nennen ist, ist der Einbau von zwei Lautsprechern an der Ober- und Unterseite des Smartphones. Dadurch entsteht breiter Stereo-Sound ohne zusätzliche Hilfe von Bluetooth-Geräten oder Ähnlichem.

Anfangs empfand ich den Akku als nicht besonders leistungsstark. Natürlich habe ich das Smartphone am ersten Tagen besonders viel genutzt, da ich auch mit dem System erst einmal zurechtkommen musste. Gut möglich ist auch, dass die oben beschriebene Wärmeentwicklung den Akku schneller entladen hat. Nach der ersten intensiven Nutzung und im Übergang zum alltäglichen Nutzungsverhalten kam ich aber mit einer Ladung pro Tag klar. Meistens hätte ich einen halben Tag oder sogar einen ganzen weiteren Tag ohne weitere Ladung überstanden. Somit kann ich meine anfängliche Sorge nicht bestätigen, sondern war dann positiv überrascht.

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Unser Fazit

Kompromissbereit zwischen Kamera & Leistung?

Das HUAWEI P60 Pro ist ohne Zweifel ein besonderes Smartphone. Das schicke, hochwertige Design hat mich von Anfang an in den Bann gezogen und auch die Kamera konnte mich absolut vom Hocker reißen. Die Bildqualität ist nicht nur hervorragend, auch die Möglichkeit, Motive bis zu 100-fach zu vergrößern, brachte mich zum Staunen.

Gleichzeitig hat das Smartphone aber auch Punkte, die mir weniger gut gefallen haben. Da wäre zum einen die Wärmeentwicklung, die mich im Test beunruhigt hat und definitiv nicht so stark ausfallen sollte. Zum anderen muss ich beim P60 Pro auf eine 5G-Unterstützung verzichten, was meines Erachtens nach nicht mehr zeitgemäß ist.

Der fehlende Google-Support ließ sich dank der GBox-Anwendung erstaunlich gut ausgleichen, sodass ich – bis auf wenige Ausnahmen, wie Pokémon Go – kaum etwas vermisst habe. Auch die Möglichkeit, App-Wünsche einzureichen, empfand ich als positiv. Einzig, dass GBox permanent im Hintergrund mitläuft, ist noch ungünstig gelöst und sollte verbessert werden.

Für wen kann ich das HUAWEI P60 Pro also empfehlen? Für mich liegt der größte Vorteil in der herausragenden Kamera-Qualität, die tatsächlich mit so mancher Spiegelreflex-Kamera mithalten kann. Wer im Alltag also oft und gerne fotografiert, Wert auf ein schickes Design legt und nicht zwingend eine 5G-Verbindung benötigt, wird mit dem HUAWEI P60 Pro sicher seine Freude haben.

Kommentare

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Gepostete Kommentare

Tom 10.10.2023, 15:35 Uhr

Man merkt, dass der Konsument nur noch Fertigware will. Kamera: RAW-Unterstützung hat kaum noch ein Modell und wird gar nicht erst erwähnt, wobei ich bezweifel, dass der Autor selber was damit anfangen kann. Für die Hälfte des Preises kriegt man eine vollwertige Spiegelreflex, sofern man an wirklich guten Bildern und einer echten Weiterbearbeitung mit dem Rohmaterial interessiert ist. Kann das Gerät eigentlich auch telefonieren? ;-)

1

Daniel Wiesendorf 13.10.2023, 22:30 Uhr

Hallo Tom, das P60 Pro sollte, wie auch damals das P30 Pro, RAW-Aufnahmen machen. Das ist natürlich nichts für jeden und moderne Smartphones werfen auch so schon tolle Fotos aus, auch wenn man aus den RAW-Dateien noch etwas mehr rausholen kann. Übrigens habe ich eine Panasonic G9 mit ganz ordentlichen Linsen, fotografiere aber trotzdem auch gerne mit meinem Honor Magic5 Pro. Auch, wenn ich meine richtige Kamera dabei habe. Es gibt auch Situationen, wo das Honor einfach bessere Fotos (gerade Low-Light) macht und auch besseren (echten) Bokeh hat. Ich würde aktuelle High-End-Smartphones nicht unterschätzen, das kann auch wie eine Vollformatkamera aussehen.

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